Zwitschern, pfeifen, flöten

TIERSCHAU  Im erzgebirgischen Pockau werden am Wochenende 1500 Zuchtvögel gezeigt

In ihrer ursprünglichen Heimat fallen sie kaum auf. Der kleine Kanarengirlitz flattert zumeist im blassgrünen, braunen oder gar grauen Federkleid von Baum zu Baum. Kanarienvögel in den leuchtendsten Farben und verschiedenen Größen sind eine Schöpfung des Menschen.
Am Wochenende werden diese Züchtungen zusammen mit Prachtfinken wie das Japanische Mövchen, Cardueliden wie der Fichtenkreuzschnabel und Sittichen wie dem Graupapagei in Pockau zu sehen sein. Im Haus des Gastes „Messtreff“ findet die 20. Sachsenschau des Sächsischen Kanarien- und Vogelzüchterverbandes statt. Bei der größten Schau dieser Art in den neuen Bundesländern kann sich der Besucher an insgesamt etwa 1500 Vögeln erfreuen. Davon werden sich etwa 1000 den gestrengen Augen der Preisrichter stellen. Aber auch Exoten wie die kleinsten Hühnervögel der Welt, Chinesische Zwergwachteln, können bestaunt werden. In einer begehbaren Großvoliere mit über 50 Kanarien darf auch der direkte und hautnahe Kontakt zu den Tieren gesucht werden.
Doch woher kommt die Begeisterung des Menschen für die Vögel? Die Tiere machen viele Geräusche, sie zwitschern, pfeifen und flöten und manche lernen sogar, die menschliche Sprache nachzuahmen. Sie scheinen mit „ihren“ Menschen zu kommunizieren. Außerdem erfordert die Pflege keinen besonderen Körpereinsatz. Zwischen Mensch und Vogel kann sich eine erstaunlich enge Beziehung aufbauen. Und als im Erzgebirge noch Bergbau betrieben wurde, sollen es Kanarien gewesen, die die Bergleute begleiteten. Der Harzer Roller, ein kleiner gelber Vogel, schlug bei „Schlechtwetter“ an. Wenn im Berg Sauerstoff knapp wurde oder sich Gase sammelten, signalisierten Harzer Roller mit aufgeregtem Gezwitscher Gefahr, lange bevor die Bergleute sie wahrnehmen konnten. Eine inzwischen nicht ganz unumstrittene These. Auch in früheren Zeiten, sagen neuere Forschungen, sollen Harzer Roller bereits viel zu teuer für diesen Auftrag gewesen sein. Heimische Wildvögel hätten als lebende Alarmanlagen gedient.
Gefahr droht heutzutage aber vor allem den Kanarien und Sittichen selbst. „Es fällt uns sehr schwer, junge Leute für die Vogelzucht zu begeistern“, stellt Andreas Glück vom organisierenden Verein Erzgebirgische Ziergeflügel-, Exoten- und Kanarienzüchter Börnichen und Umgebung fest. „Unsere Züchter werden immer älter. Und wenn es die irgendwann nicht mehr gibt, wird es auch keine Zuchtvögel mehr geben“, warnt der Vogelfreund. Maurice Querner

20. Sachsenschau, Pockau, Haus des Gastes „Messtreff“, Siedlungsstraße 32, Sa 9-17 Uhr, So 9-16 Uhr, Eintritt 2,50 €.
Geboten wird ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Vorführungen für Gesangskanarien und einem Vortrag von Bernd Gerischer, der in der Südsee Loris beobachtet und gefilmt hat. Dabei handelt es sich um Vögel, die sich mit einer Zunge in Form eines Pinsels von Nektar und Pollen ernähren.

Sachsenschau 2010
Freie Presse "wohin" 4.November 2010

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